1. Die Geschichte der Bahnlinie Nürnberg - Ansbach - Crailsheim
Erste Planungen für die Bahnlinie von Nürnberg nach Stuttgart orientierten sich mit einer Trasse über Fürth, Zirndorf, Ansbach und Feuchtwangen nach Crailsheim an den vorhandenen Landstraßen. Eine starke Interessengruppe aus Stein mit dem Unternehmer Lothar von Faber an der Spitze setzte aber eine direktere und aufwändigere Linienführung südlich von Fürth durch. Die 2.400 Einwohner von Feuchtwangen mussten sich zunächst mit dem 10 km entfernten Bahnhof Dombühl begnügen, der für die Bahnbauer leichter zu erreichen war und etwa gleich weit von Schillingsfürst (rund 1.400 Einw.) entfernt lag.
Am 15.5.1875 wurden die knapp 44 km von Nürnberg bis Ansbach und einen Monat später die 23 km nach Dombühl eröffnet. Am 15.4.1876 wurde der Schienenstrang nach Westen über die bayerisch-württembergische Staatsgrenze nach Crailsheim verlängert, gleichzeitig bekam er mit der Vicinalbahn Dombühl - Feuchtwangen einen Abzweig nach Süden. Zwischen Crailsheim und Ansbach verlegte man aus strategischen Gründen (für eine „Aufmarschstrecke“ nach Frankreich) gleich zwei Gleise, bis 1888 erreichte das „Doppelgleis“ Nürnberg. Am 2.7.1876 ging die Vicinalbahn Nördlingen - Dinkelsbühl in Betrieb und am 1.6.81 wurde die Lücke nach Feuchtwangen geschlossen.
Um die Jahrhundertwende erbauten die Königlich Bayeri-schen Staatseisenbahnen (K.Bay.Sts.B.) viele Localbahnen mit kostengünstigeren Standards, um die ländlichen Regionen zu erschließen. Dazu gehörten die 22,7 km von Leutershausen-Wiedersbach nach Bechhofen. Ab dem 16.6.1903 fuhren dort Züge und fast alle begannen und endeten in Ansbach. Nur sie hielten an den schlichten Haltepunkten Schalkhausen und Neunkirchen. Als letzte
Strecke in Westmittelfranken eröffneten die K.Bay.Sts.B. am
1.8.1905 die 25,5 km von Dombühl nach Rothenburg. Sie erschloss
Schillingsfürst mit einem Kopfbahnhof, was für alle Züge zeitaufwändige
Rangier-manöver erforderte. Bild nebenan: Der Bahnhof Leutershausen-Wiedersbach um 1980 (www.woernitz-franken.de) |
Die Abschrift des Sommerfahrplans 1914 zeigt die 14 Bahnhöfe, die es seit der Eröffnung zwischen Nürnberg und Crailsheim gab: Sie hatten Stationsgebäude, Fahrkartenausgaben, Güterabfertigungen, Weichen und Signale sowie örtliches Personal, das sich darum kümmerte. Die Haltepunkte westlich von Ansbach und die Bechhöfener Züge suchte man bis 1968 bei der Hauptstrecke vergebens – dadurch wurde auch kaschiert, dass es in Leutershausen-Wiedersbach nur selten gute Anschlüsse gab.
Auszug aus dem Fahrplan Sommer 1914: G = Überholung in Gaildorf mit Anschluss zu D 118; S = D 45 hielt von Stuttgart bis Crailsheim nur in Sulzbach und bot Anschluss zum überholten Personenzug; W = Züge fuhren nur an Werktagen im Juli und August.
1914 war das Angebot über die ganze Strecke recht ausgeglichen, da die meisten Personenzüge von Nürnberg bis Crailsheim durchfuhren. Aus heutiger Sicht erscheinen 2 ½ bis 3 ½ Stunden Reisezeit für 90 km unzumutbar – damals hatte der größte Teil der Bevölkerung keine bezahlbare Alternative. Zwischen Stein und Roßtal gab es noch keine weitere Station und nur ein Schnellzug hielt in Heilsbronn und Wicklesgreuth: Die Großstädte fingen erst nach dem Ersten Weltkrieg an, sich entlang der Verkehrswege auszudehnen und Pendler aus dem Umland anzulocken.
Das hochwertigste Zugpaar war der Paris-Karlsbad-Express, der nur die 1.Wagenklasse führte: Der L 65 verließ Paris um 19:35 und Karlsruhe um 5:54 Uhr, hielt dann nur noch in Heilbronn und Crailsheim und erreichte Nürnberg um 10:24 Uhr. Der L 64 war in der Gegenrichtung 1 ½ Stunden länger unterwegs: Nürnberg 18:12 - Karlsruhe 22:38 - Paris 7:31 Uhr.
(Die Fahrpläne von 1939 und 1958 sind in Bearbeitung)
Wie vielerorts erlebten die Züge in Westmittelfranken nach dem Zweiten Weltkrieg einen kaum zu bewältigenden Nachfragezuwachs. Aber schon ab 1955 stiegen immer mehr Bürger auf das eigene Moped oder den eigenen PKW um und viele Unternehmer setzten auf LKWs. Die Deutsche Bundesbahn (DB) reagierte darauf mit regelmäßigen Angebotskürzungen. Der letzte planmäßige Personenzug nach Bechhofen fuhr am 28.11.66 und der letzte Güterzug folgte am 31.5.70. Die DB baute das Gleis 1970/71 bis Neunstetten und 1972 bis kurz vor Wiedersbach ab, auf dem verbliebenen Gleisstumpf stellte sie noch bis 1983 nicht benötigte Güterwagen ab. Der Personenverkehr zwischen Dombühl und Rothenburg endete am 25.9.71. Von Rothenburg bis Gebsattel fuhren noch bis 1990 Güterzüge und etwa gleich lang wurde etwa 1 km bei Dombühl noch als Abstellgleis genutzt.
Am 19.5.1972 nahm die DB den elektrischen Betrieb zwischen Nürnberg und Ansbach auf. Als Nahverkehrszüge pendelten auf diesem Abschnitt fortan meist E-Loks der Baureihen 110 bis 112 mit vier oder fünf Silberlingen und Steuerwagen. Die Güterzüge in Ost-West-Richtung wechselten in Ansbach die Lokomotiven, aber die Schnell- und Eilzüge von Stuttgart und Heilbronn nach Nürnberg fuhren weiterhin mit Dieselloks bis Nürnberg durch.
Auszug aus dem Fahrplan Sommer 1985: c = Zug hielt nur an Samstagen, Sonn- und Feiertagen |
Zwischen Ansbach und Crailsheim pendelten noch bis zum 27.5.78 Schienen-busse für den Nahverkehr. Dann ersetzte die DB sie durch Straßenbusse und schloss die Stationen Sch-alkhausen, Neunkirchen, Büchelberg und Zumhaus. Lengenfeld hatte es schon am 27.5.67 getroffen. Die Reisezeiten verdoppelten sich dadurch teilweise, da die Busse viele Umwege fahren mussten. In Leutersh.-Wiedersbach, Dombühl, Schnelldorf und Ellrichshausen hielten nur noch wenige Eilzüge. Auf die dadurch rückläufige Nachfrage reagierte die DB mit weiteren Kürzungen: Ab 29.9.84 hielt in Ellrichs-hausen kein Zug mehr und in Schnelldorf nur noch einer je Richtung an Werk-tagen. Etwas besser sah es in Leutersh.-Wiedersb. aus: Nach Ansbach gab es zwar auch nur noch den E 3397 um 7:13 Uhr, in der Gegen-richtung hielten aber noch vier Züge: E 3074 (Mo-Sa) um 10:44, E 3398 (Mo-Fr) um 17:05 sowie E 3076 und E 3078 (täglich) um 17:41 und 19:00 Uhr. |
Im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 1985 sollte die Ausbaustrecke Nürnberg - Stuttgart durch Linienverbesserungen und Signalanpassungen für bis zu 200 km/h ausgebaut werden. Der folgende BVWP 1992 enthielt das Projekt aber nicht mehr – durch die deutsche Wiedervereinigung hatten sich die Prioritäten geändert.
Das Verkehrsaufkommen ist sehr unterschiedlich: Ansbach zählt noch zum erweiterten Großraum Nürnberg. Seit 2010 fahren für den starken Binnenverkehr Triebzüge der Baureihe 442 (Bombardier Talent 2) als S-Bahnen im 20- bis 40-Minuten-Takt nach Nürnberg.
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2. Planung und Bau der S4 Ansbach - Dombühl
Am 7.10.09 vereinbarten das Bayeri-sche Verkehrsministerium und die Deut-sche Bahn AG (DB) die Verlängerung der S-Bahn von Ansbach nach Dombühl. Alle zwei Stunden sollte eine S 4 weiter fahren und zusammen mit den RE einen ungefähren Stundentakt anbieten. Der Landkreis Ansbach verpflichtete sich, in Dombühl mit Busanschlüssen nach Schillingsfürst - Rothenburg und Feucht-wangen - Dinkelsbühl für zusätzliche Nachfrage zu sorgen. Ursprünglich sollte die S4 ab Dezember 2013 Dombühl ansteuern. Die DB verzögerte die Planungen aber immer wieder. Erst am 23.3.17 traf sich die politische Prominenz zum symbolischen ersten Spatenstich in Leutershausen-Wiedersbach. Die „richtigen Bauarbei-ten“ gingen sogar erst im April 2017 los. Am auffälligsten war eine große Baugrube in Dombühl neben dem Empfangsgebäude. Dort wurde die neue Fußgängerunterführung vormontiert. Links der Bericht der Fränkischen Landes-zeitung vom ersten Spatenstich. (Der ganze Artikel ist 730 KB groß.) |
Vom 19. bis 23. Juni sperrte die DB den Abschnitt Ansbach - Crailsheim für wichtige Arbeiten an den neuen Stationen komplett. Ohne Beeinträchtigung durch den Zugverkehr ging das schneller und billiger: In Wiedersbach stellte sie in dieser Woche die beiden 170 Meter langen Außenbahnsteige im Rohbau fertig. In Dombühl schob die DB die neue Fußgängerunterführung ein. Auf einer Gleitbahn „schwebte“ das rund 23 Meter lange und 430 Ton-nen schwere Bauteil in die richtige Position. Die Betriebsruhe wurde auch genutzt, um neue Weichen einzubauen und die südliche Hälfte des Bahnhofs „abzuräumen“. |
Der Bericht der Fränkischen Landeszeitung vom 14.6.17 ist 450 KB groß. |
In Ansbach wurde zudem die Signaltechnik angepasst. Das ermöglicht eine schnellere Ausfahrt aus Gleis 1 Richtung Dombühl und damit auch eine kürzere Fahrzeit für die S 4.
3. Die Bauarbeiten in Leutershausen-Wiedersbach
4. Die Bauarbeiten in Dombühl
5. Inbetriebnahme und feierliche Eröffnung
Rund 10 Millionen Euro hat die DB für die Verlängerung der S 4 investiert. Am 10.12.17 war es dann endlich so weit und der Bahnhof Dombühl nahm wieder seine Funktion als Nahverkehrs-Drehscheibe zwischen Ansbach, Crails-heim, Rothenburg und Dinkelsbühl auf. Die neuen Stationen gingen wie geplant zum Fahrplanwechsel in Betrieb. Am frühen Sonntagmorgen fuhr Lokführer Hackeneis mit einem leeren S-Bahn-Triebwagen nach Dombühl. Dort stiegen eine Handvoll Eisenbahn-freunde in historischen Gewändern ein. Ohne weitere Feierlichkeiten startete dann um 5.14 Uhr die erste offizielle Fahrt über Ansbach nach Nürnberg, das man um 6.13 Uhr erreichte. Zeitgleich wurde das Busangebot erheb-lich ausgeweitet: In Dombühl bestehen stündliche Anschlüsse über Feucht-wangen nach Dinkelsbühl und über Schillingsfürst nach Rothenburg/Tauber. Insingen wird zweistündlich angebunden. In Wiedersbach gibt es Busanschlüsse zum Zentrum von Leutershausen. Ab Dezember 2018 sollen dort noch weitere Buslinien hinzukommen. Nebenan der Bericht der Fränkischen Landeszeitung zum ersten Betriebstag. (Der ganze Artikel ist 650 KB groß.) |
Die feierliche Eröffnung fand erst acht Tage später am 18.12.2017 statt. Dazu startete der S-Bahn-Triebwagen 442 123 um 11.30 Uhr in Ansbach nach Dombühl. Dort begrüßten ihn eine Musikkapelle und etwa 100 Schaulustige. Der bayerische Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann taufte den Triebwagen auf den Namen "Dombühl". Danach gab es im Festzelt auf dem Bahnhofsvorplatz Bratwürste für alle. Die zahlreich anwesenden Politiker hoben in ihren Fest-reden die Vorteile hervor, welche die neue S-Bahn und die guten Busanschlüsse für Bevölkerung und Besucher bringen. „Wir haben 40 % der Baukosten vübernommen. Das ist eine gute Investition in die Region, denn wir bestellen zusätzlich rund 170.000 Zug-Kilometer jährlich, um Leutershausen und Dombühl anzubinden“ betonte Herrmann. Der Ansbacher Landrat Dr. Jürgen Ludwig ergänzte: „Mit dem neuen Buskonzept knüpfen wir an das verbesserte Zugangebot an. In Leutershausen und Dombühl gibt es nun Anschlüsse in viele Städte und Gemeinden, die nicht direkt an der Bahnstrecke liegen. Mit einer Mischung aus Linienverkehr und Rufangeboten schaffen wir auch abends und am Wochenende stündliche Verbindungen Richtung Ansbach und Nürnberg sowie zurück. Das Angebot im Öffentlichen Personennahverkehr wird damit deutlich ausgeweitet.“ Nebenan der Bericht der Woche im Blick zur feierlichen Eröffnung. (Der ganze Artikel ist 560 KB groß.) Weitere Fotos von Zügen zwischen Dombühl und Crailsheim gibt es bei www.bahnbilder.de. |
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